top of page

Einige Gedanken zur Ideologie in ‚The Dark Knight Rises‘



Christopher Nolan und das Unpolitische

Es kann eine Menge über The Dark Knight Rises gesagt werden, über Christopher Nolan als einen politisch konservativen Filmemacher sowie über das gewollt Unpolitische, das sich durch die meisten seiner Filme zieht. Dass Nolan als einer der erfolgreichsten Regisseure des 21. Jahrhunderts und als ein „Indie-Filmemacher innerhalb des Studiosystems“, in seinen eigenen Worten, durch seine Kunst kaum je ein deutliches politisches Statement setzt, macht die politischen Implikationen in The Dark Knight Rises, und auch in der gesamten Batman-Trilogie umso interessanter.


Während wir uns in seinen Meisterstücken Inception und Interstellar komplexen psychologischen und wissenschaftlichen, vor allem aber emotionalen Konzepten ausgesetzt finden, quasi bombardiert mit Ideen, die wir in der Länge des Films kaum vollständig verarbeiten können, finden sich in jenen Werken keinerlei Ausführungen der politischen Dimension des gemeinsamen Träumens oder der intergalaktischen Rettung der Menschheit. Vielmehr interessiert Nolan sich hier für die individuelle Bedeutung großer Themen.


Er zeigt uns jeweils ein kleines Team an Menschen, zumeist anzugtragenden Männern, das verdeckt arbeitet und sich auf eine emotional aufreibende, die menschlichen Grenzen testende Reise begibt – im Sinne des Wohles der eigenen Kinder (Inception), oder der ganzen Menschheit (Interstellar, Tenet).


Das Motiv von im Geheimen arbeitenden Personen, die eigentlich das Richtige tut, kann bereits als ein konservatives, machterhaltendes Motiv gelesen werden. Es lässt sich in genannten Filmen mal mehr und mal weniger überzeugend als Schablone anwenden, in der Batman-Trilogie allerdings sticht es kristallklar hervor.

 


Batman als Kapitalist und Heilsbringer

Batman steht in Nolans Trilogie stets für Recht und Ordnung in Zeiten, die der Staat und die Polizei nicht mehr unter Kontrolle haben. Dabei wird Batman von der Polizei ebenso als Verbrecher geahndet, zeitweise geduldet. Doch als stark erleben wir die Polizei nie, sie ist Batman immer unterlegen. Der dunkle Ritter ist dabei die moralische Autorität für den Zuschauer, einer, der sich immer aufs Neue dem Staat widersetzt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten – und das mit der Hilfe von Militärwaffen. Batman ist in Nolans Trilogie kein Held mit übermenschlichen Kräften, denn dafür sind die Filme zu realistisch angelegt; er kann das erbringen, was die menschliche Körperkraft in der Kombination mit brutalen Waffen leisten kann. Er ist der Polizei überlegen, doch nur weil seine Waffen größer sind, sein Arsenal umfangreicher.


Batman steht als Individuum über dem Gesetz und bildet gleichzeitig die moralische Identifikationsfigur für den Zuschauer – er tut im Verdeckten das Richtige und stellt zugleich einen militärverherrlichenden Helden dar; einen, der mit jedem Film immer weiter aufrüstet, um das Böse zu besiegen. Denn das Böse kann stets nur durch immer brutalere Waffen bekämpft werden, um den Status quo zu erhalten.


The Dark Knight, ein meisterhaftes, wenn auch in einigen Punkten problematisches Kunstwerk, stellt Batmans körperliche wie militärische Stärke sogar gänzlich in Frage – der Joker als reiner Chaosbringer um des Chaos Willens ist ein Terrorist auf mehreren Ebenen, denn seinen eindrucksvollsten Terror vollzieht er nicht, wenn er Banken ausraubt oder Krankenhäuser sprengt, sondern wenn er Batman psychologisch terrorisiert und dieser ihm keinen vergleichbaren Schaden zufügen kann:


"You have nothing. Nothing to threaten me with. Nothing to do with all your strength.“

Der Film ist meisterhaft, weil er uns zwischen den Actionsequenzen mit dieser Fragilität Batmans konfrontiert – auf moralische Kämpfe ist Batman nicht gefasst, nur auf körperliche. Vielleicht können wir das sogar als Kritik an der eigenen filmischen Inszenierung Batmans lesen.


Denn der Figur Bruce Wayne / Batman liegt ein grundsätzliches Problem zugrunde: als der "Held" Gothams bekämpft er das "Böse", gemeint sind damit kriminelle Strukturen, ganz speziell die Mafia. Gothams hohe Kriminalitätsrate und das Erstarken dieser Strukturen wiederum lassen sich auf seine soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Schwäche zurückführen; ein kapitalistisches System, an dessen Spitze Bruce Wayne selbst sitzt. Anstatt sein Milliardenvermögen auf die Lösung dieser Probleme anzulegen, lebt er im absoluten Wohlstand und hat es lediglich auf die Bekämpfung von Symptomen abgesehen - Batmans Kampf ist einer, der immer wieder nur die Auswüchse seiner eigenen Privilegien eindämmt. Seine ganze Geschichte entspinnt sich um soziale Probleme, deren Lösung eine gerechtere Verteilung von Kapital wäre - eine These, von dessen Gegenteil The Dark Knight Rises uns zweieinhalb Stunden lang überzeugen möchte.

 


Bane als kommunistischer Anarchist

Zu Beginn des Films lebt Bruce Wayne nach seiner heldenhaften Aufopferung für die Erhaltung der Stadt zurückgezogen. Er ist körperlich schwach, hat seinen Glauben an Batman als Zeichen für "Gerechtigkeit" verloren, und erst als Banes Terror in Gotham beginnt, fühlt er sich zu einer Rückkehr verpflichtet. Doch Bane ist ihm körperlich haushoch überlegen, schickt ihn augenblicklich ins Exil, und zieht Gotham in seine Gewalt, um einen neuen Staat aufzuziehen.


Bane ist dabei eine Figur, die Kommunist und Anarchist gleichzeitig verkörpert, ein motivationsloses Wesen, das die Bourgeoisie stürmt und vor revolutionär-sowjetisch anmutende Tribunale zieht; Bane ruft einen Kommunismus aus, der eigentlich gar keiner ist, und den auch die exzeptionell schwach geschriebene Catwoman nicht bejahen kann – zu Beginn stellt sie noch eine Art Robin Hood dar und stiehlt von Wayne. Doch sobald Bane seinen Scheinkommunismus aufgezogen hat, wollen alle die alte Ordnung wiederherstellen, denn das neue System bedeutet zwangsläufig das Verkommen für Gotham: Obdachlosigkeit und eine gekappte Stromversorgung - mit Banes Privatarmee, die das Ganze kontrolliert.

 


Catwomans Irrwege und Banes Atombombe

Die alte Ordnung wiederherzustellen, heißt hier beispielsweise, Bruce Wayne sein durch Banes Wall-Street-Streich verlorenes Vermögen wiederzubringen. In einer beispielhaften Szene in der Mitte des Films besucht Bruce Wayne Selina a.k.a. Catwoman in ihrer Wohnung – sie lebt in einem Apartment, dass sie als Teil der finanziellen Unterschicht darstellen soll – wo sie Wayne gesteht, es tue ihr leid, dass er seine Milliarden verloren hätte. Sie zieht damit ihrem eigenen Charakter den Boden unter Füßen weg – einer Figur, die Bruce Wayne bei einer bourgeoisen Feier zuvor noch ins Ohr flüsterte, er solle doch seinen verschwenderischen Lebensstil überdenken.


Das Chaos in Gotham bricht genau dann an, als Bruce Wayne sein Vermögen und damit seine Macht verliert. Die Vergesellschaftung des privaten Eigentums durch Bane bedeutet Chaos. Selina, in irgendeiner Wohnung stehend, sagt: „This was someone’s home.“ Ihre Freundin Jen darauf: „Now it’s everyone’s home. […] This is what you wanted.“ Selina: „No. It’s what I thought I wanted.“


Selina als Revolutionärin wird im Angesicht von Banes Kommunismus vollständig entmündigt; die Ideen aus ihrer heruntergekommenen Mietwohnung sind für die Katz. Gleichzeitig stellt Banes Kommunismus einen Parasiten dar, der von außen eingedrungen ist und den eigentlich niemand mit ihm umsetzen will. Einer, der nur schadet. Mark Fisher beschreibt das treffend im Guardian:


„Bane talks about returning Gotham to ‚the people‘, and liberating the city from its ‚oppressors‘. But the people have no agency in the film. Despite Gotham’s endemic poverty and homelessness, there is no organised action against capital until Bane arrives.“


In völlig übertriebenem Ausmaß wird eine Atombombe als zentrales Handlungselement in den Film eingeführt. Bane reißt Bruce Waynes geheime atomare Energiequelle an sich und baut sie zu einer Waffe um, mit der er jedem droht, der seine Pläne zu verhindern versucht. In der Rolle des sowjetischen-kommunistischen Unterdrückers, der die amerikanische Bevölkerung jederzeit mit seiner atomaren Sprengkraft auslöschen könnte, stellt Bane das ultimativ Böse dar, das schließlich nur vom patriotischen Batman bekämpft werden kann.


Der Twist: das Ganze ist ein Spiel auf Zeit, denn Banes Waffe ist eine Zeitbombe, die nach einigen Wochen ganz von allein in die Luft geht. Banes Kommunismus endet sowieso im atomaren Holocaust, und der nötige militärische Eingriff in seine Dystopie stellt deshalb eine absolute Notwendigkeit dar. Das antikapitalistische System ist hier eines, das im kollektiven Tod enden muss.

 


Gotham als Sinnbild Amerikas

Bruce Wayne muss sich aus seinem von Bane angeordneten Exil befreien, um als Batman zurückkehren und Gotham retten zu können. Er wird als Milliardär enteignet und in ein Gefängnis gebracht, nur um sich durch eigene Stärke wieder erheben zu können. Er lebt den amerikanischen Traum - durch bloße Willenskraft entflieht er seinem Käfig und rettet die Welt. Seine Abwesenheit bedeutet Chaos, seine Schwäche ist der Untergang, und seine Rückkehr bedeutet die Wiederherstellung der kapitalistischen Ordnung.


Es stellt sich die Frage, was Bruce Wayne überhaupt noch an Gotham hält: schließlich lebt er seit Jahren zurückgezogen, die Stadt hat ihm nichts als Leid gebracht, und für einen Großteil des Films will er gar nicht mehr Batman sein. Sein Butler Alfred sagt zu Beginn: „I never wanted you to come back to Gotham. I knew there was nothing there for you but pain and tragedy […].“ Warum also schert er sich so um Gotham, dass ihm der Tod in Banes Gefängnis nicht mehr egal ist – dass er seine Wirbel wieder einrenkt und den eigenen Körper trainiert, um schließlich unter extremen Bedingungen auszubrechen?


Der Film liefert keine Antwort darauf, sodass wir uns Gotham einzig als Symbol für die USA als Ganzes vorstellen müssen. Batman ist bereit, für Gotham, also sein Land zu kämpfen, und ebenso dafür zu sterben. Schließlich rettet dieser absolut selbstlose Patriotismus die Stadt – und eigentlich auch ganz Amerika.






 





Some thoughts on the ideology in 'The Dark Knight Rises'



Christopher Nolan and the apolitical

A lot can be said about The Dark Knight Rises, about Christopher Nolan as a politically conservative filmmaker, and about the deliberate apolitical nature that runs through most of his films. That Nolan, as one of the most successful directors of the 21st century and an "indie filmmaker within the studio system", in his own words, hardly ever shows clear political intention through his art, makes the political implications in The Dark Knight Rises, and indeed the entire Batman trilogy, all the more interesting.


While in his masterpieces Inception and Interstellar we find ourselves exposed to complex psychological and scientific, but above all emotional concepts, virtually bombarded with ideas that we can hardly fully process in the length of the film, in those works there is no mention of the political dimension of dreaming together or the intergalactic salvation of humanity. Instead, Nolan is interested in the individual significance of major themes.


In each case, he shows us a small team of people, mostly men in suits, working undercover and embarking on an emotionally grueling journey that tests human limits - for the sake of their own children (Inception) or the whole of humanity (Interstellar, Tenet).


The motif of people working in secret who are actually doing the right thing can already be read as a conservative, power-preserving motif. It can sometimes be used more and sometimes less convincingly as a template in the aforementioned films, but in the Batman trilogy it stands out crystal clear.


Batman as capitalist and savior

In Nolan's trilogy, Batman always stands for law and order in times when the state and the police are no longer in control. Batman is also punished by the police as a criminal, at times tolerated. But we never see the police as strong, they are always inferior to Batman. The Dark Knight is the moral authority for the viewer, someone who constantly defies the state in order to put a stop to evil - and does so with the help of military weapons. In Nolan's trilogy, Batman is not a hero with superhuman strength, because the films are too realistic for that; but he can do what human physical strength can do in combination with brutal weapons. He is superior to the police, but only because his weapons are bigger and his arsenal more extensive.


As an individual, Batman stands above the law and at the same time forms the moral identification figure for the viewer - he does the right thing undercover and at the same time represents a military-glorifying hero; one who arms himself more and more with each film in order to defeat evil. Because evil can only ever be fought with ever more brutal weapons in order to maintain the status quo.


The Dark Knight, a masterful, albeit in some respects problematic work of art, even questions Batman's physical and military strength entirely - the Joker as a pure bringer of chaos for the sake of chaos is a terrorist on several levels, because his most impressive terror is not when he robs banks or blows up hospitals, but when he terrorizes Batman psychologically and the latter is unable to inflict comparable damage on him:


"You have nothing. Nothing to threaten me with. Nothing to do with all your strength."

The movie is masterful because it confronts us with Batman's fragility between the action sequences - Batman is not prepared for moral battles, only physical ones. Perhaps we can even read this as a criticism of Batman's own cinematic staging.


Because the character of Bruce Wayne / Batman is based on a fundamental problem: as the "hero" of Gotham, he fights "evil", meaning criminal structures, especially the mafia. Gotham's high crime rate and the strengthening of these structures can in turn be traced back to its social inequality and economic weakness; a capitalist system at the top of which sits Bruce Wayne himself. Instead of investing his billion-dollar fortune in solving these problems, he lives in absolute prosperity and is only interested in fighting the symptoms - Batman's fight is one that only ever curbs the excesses of his own privileges. His entire story revolves around social problems, the solution to which would be a fairer distribution of capital - a thesis that The Dark Knight Rises now spends two and a half hours trying to convince us of the opposite.



Bane as a communist anarchist

At the beginning of the movie, Bruce Wayne lives a reclusive life after his heroic sacrifice to preserve the city. He is physically weak, has lost his faith in Batman as a symbol of "justice", and only when Bane's terror begins in Gotham does he feel compelled to return. But Bane is physically superior to him, sends him into exile immediately, and takes control of Gotham in order to raise a new state.


Bane is a character who embodies both a communist and an anarchist, a motiveless being who storms the bourgeoisie and drags them before revolutionary Soviet-style tribunals; Bane proclaims a communism that isn't really a communism at all, and which even the exceptionally weakly written Catwoman cannot affirm - at the beginning she still represents a kind of Robin Hood and steals from Wayne. But as soon as Bane has set up his pseudo-communism, everyone wants to restore the old order, because the new system inevitably means decay for Gotham: homelessness and a cut power supply - with Bane's private army controlling the city.


Catwoman's aberrations and Bane's atomic bomb

Restoring the old order here means, for example, restoring Bruce Wayne's fortune lost through Bane's Wall Street heist. In an exemplary scene in the middle of the film, Bruce Wayne visits Selina a.k.a. Catwoman in her apartment - she lives in an apartment that is supposed to represent her as part of the financial underclass - where she confesses to Wayne that she is sorry that he has lost his billions. In doing so, she undoes everything that has defined her as a person up until this point - a character who whispered in Bruce Wayne's ear at a party beforehand that he should reconsider his lavish lifestyle.


Chaos breaks out in Gotham just as Bruce Wayne loses his fortune and thus his power. The socialization of private property by Bane means chaos. Selina, standing in some apartment, says: "This was someone's home." Her friend Jen responds: "Now it's everyone's home. [...] This is what you wanted." Selina: "No. It's what I thought I wanted." Selina as a revolutionary is completely incapacitated in the face of Bane's communism; the ideas from her run-down rented apartment are for nothing.


At the same time, Bane's communism represents a parasite that has invaded from the outside and that nobody actually wants to implement with him. One that only does harm. Mark Fisher describes this aptly in the Guardian:


"Bane talks about returning Gotham to 'the people', and liberating the city from its 'oppressors'. But the people have no agency in the film. Despite Gotham's endemic poverty and homelessness, there is no organized action against capital until Bane arrives."


A nuclear bomb is introduced as a central plot element in the film on a completely exaggerated scale. Bane seizes Bruce Wayne's secret atomic energy source and converts it into a weapon with which he threatens anyone who tries to stop his plans. In the role of the Soviet communist oppressor who could wipe out the American population at any time with his nuclear explosive power, Bane represents the ultimate evil that can ultimately only be fought by the patriotic Batman.


The plot twist: the whole thing is a game of time, because Bane's weapon is a time bomb that blows up all by itself after a few weeks. Bane's communism ends in a nuclear holocaust anyway, and the necessary military intervention in his dystopia is therefore an absolute necessity. The anti-capitalist system here is one that must end in collective death.



Gotham as a symbol of America

Bruce Wayne must free himself from his exile ordered by Bane in order to return as Batman and save Gotham. He is expropriated as a billionaire and sent to prison, only to be able to rise again through his own strength. He lives the American dream - by sheer force of will he escapes his cage and saves the world. His absence means chaos, his weakness is downfall, and his return means the restoration of capitalist order.


The question arises as to what keeps Bruce Wayne in Gotham: after all, he has been living in seclusion for years, the city has brought him nothing but suffering, and for a large part of the movie he no longer wants to be Batman. His butler Alfred says at the beginning: "I never wanted you to come back to Gotham. I knew there was nothing there for you but pain and tragedy [...]." So why does he care so much about Gotham that he sets his vertebrae back into place and trains his own body to finally break out under extreme conditions?


The movie doesn't provide an answer, so we have to think of Gotham solely as a symbol for the USA as a whole. Batman is prepared to fight for Gotham, i.e. his country, and also to die for it. Ultimately, this absolutely selfless patriotism saves the whole of the city - and in fact the whole of America.

bottom of page